Der Materialband I. enthält die detaillierten Daten der für das Gutachten verwendeten Verkehrszählungen und Verkehrsbefragungen.
Zunächst stellte Herr Reichwein vom ASV Dillenburg als zuständige Planungsbehörde den Stand des Verfahrens vor.
Die Umgehung Limburg, die zusammen mit der Umgehung Holzheim eine Planungseinheit darstellt, wird als Bundesmassnahme vom ASV Dillenburg im Auftrag der Länder geplant. Um diese Planungen zu ermöglichen, hat der Bund die Baumassnahme in den Bedarfsplan aufgenommen, der für einen Zeitraum von ca. 10 Jahren alle grossen Bauvorhaben auflistet. Die Südumgehung Limburg ist in diesem Plan als sog. "weiterer Bedarf" eingestuft, steht also hinter dem sog. "vordringlichen Bedarf" zurück. Aufgrund der Verbindung der beiden Umgehungen ist die Baumassnahme eine Gemeinschaftsaufgabe von Hessen und Rheinland-Pfalz.
Im Jahr 2005 wurde der Umfang der zu erstellenden Fachbeiträge festgelegt, danach wurden diese von den Gutachtern erstellt. Derzeit werden die vorliegenden Fachbeiträge zusammengeführt und die Linienführung festgelegt. Danach wird eine Gesamtabwägung der Beiträge erfolgen und eine sog. Vorzugsvariante ermittelt. Diese Vorzugsvariante wird dann beim Bund als Bauherrn vorgelegt, der auf dieser Basis das förmliche Raumordnungsverfahren einleitet. Nach Abschluss dieses Verfahrens wird dann das Planfeststellungsverfahren durchgeführt, bei dem dann auch die Möglichkeit zur Klage besteht.
Es werden im folgenden drei verschiedene Trassenvarianten unterschieden.
Herr Schurath vom Ingenieurbüro Manns stellte anschliessend die Trassenplanung vor.
Die Baulänge dieser Variante beträgt 5,3 Kilometer, sie ist damit die längste der Trassen. Es sind 6 Anschlussstellen und 8 Kreuzungsbauwerke geplant, darunter die grosse Brücke über das Kasselbachtal. Auf einer Länge von 3km wird die Trasse in einer Tieflage von 4-5 Metern liegen. Die reinen Baukosten werden auf etwa 40 Millionen Euro geschätzt.
Die Variante 1a wird näher an die Wohnbebauung Blumenrod herangeführt, um das Vogelschutzgebiet zu umfahren. Aufgrund der höheren Grunderwerbskosten und Ausgleichszahlungen werden die Kosten dieser Variante auf 47 Millionen geschätzt.
Beide Untervarianten der Alttrasse werden eine Länge von 3,7 Kilometern haben und 5 Anschlussstellen sowie 6 Kreuzungsbauwerke aufweisen. Aufgrund der aufwändigen Bauweise (Trog oder Tunnel) werden die Kosten auf 55 bzw. 57 Millionen Euro geschätzt.
Herr Kiersen vom Ingenieurbüro VerTec stellte anschliessend die Ergebnisse der Verkehrsuntersuchung vor. Die grundsätzliche Aufgabe der Südtrasse besteht in der Entlastung der Innenstadt vom steigenden Verkehrsaufkommen, denn steigender Kraftstoffkosten wird keine Verminderung des Verkehrs erwartet, und auch der öffentliche Nahverkehr kann den Individualverkehr nur zu einem geringen Mass ersetzen. Basis der Verkehrsuntersuchung war die Verkehrszählung aus dem Jahr 2005.
Diese Datenbasis wurde, zusammen mit Prognosen über strukturelle Veränderungen im Siedlungsgebiet der Stadt Limburg und seinem Umland, genutzt, um eine Verkehrsmengenprognose für einen Zeitraum von 15 Jahren zu erstellen und eine sog. Planfallberechnung für die verschiedenen Planungsvarianten durchzuführen. Die Eignung der Trassen aus Sicht des Verkehrsgutachtens ist umso besser, je mehr der Durchgangsverkehr aus der Kernstadt herausgehalten wird.
Die Variante 2 mit Querspange erreicht eine Entlastung der Diezer Strasse um etwa 25% sowie eine flächige Entlastung des Stadtgebietes. Das Verkehrsaufkommen aus den zuführenden Wege aus dem Aartal wird dagegen um bis zu 80% zunehmen.
Die Variante 2 ohne Querspange führt zu ähnlichen Entlastungswirkungen, bringt jedoch zusätzlichen Verkehr (+7.000 Kfz) aus dem Aartal in den oberen Teil der Holzheimer Strasse.
Das Verkehrsgutachten kommt zu folgendem Ergebnis:
Herr Bechtloff von der Firma Cochet Consult stellte anschliessend das Verfahren vor, mit dem das Umweltverträglichkeitsgutachten erstellt wurde. In drei Schritten erfolgt zunächst eine Raumanalyse einschliesslich einer Bewertung aller vom Bauwerk betroffenen Schutzgütern. Anschliessend erfolgt eine Analyse und Auswirkungsprognose der Varianten, abschliessend dann die Ermittlung der Vorzugsvariante aus Sicht des Umweltschutzes.
Im Rahmen dieses Gutachtens sind eine ganze Reihe von Schutzgütern zu berücksichtigen:
Aus Sicht des Umweltverträglichkeitsgutachtens stellt sich eine leichte Präferenz zwischen der Variante 2 (Alttrasse) über die Variante 1 (Südtrasse). Keine der beiden Alternativen kann als umweltverträgliche Lösung angesehen werden. Als Ausgleich für die zusätzlichen Belastungen der Variante 1 (Südtrasse) muss die Stadt Limburg auf die geplanten Erweiterungsflächen Blumenrod verzichten und zusätzliche Erholungsflächen schaffen. Die Kosten dieser Massnahmen sind von der Stadt Limburg zu tragen.
Das Vogelschutzgebiet um den Mensfelder Kopf wurde vom Land Hessen an die EU als bedeutendes und schutzwürdiges Gebiet für den europäischen Vogelzug gemeldet. Neuere Untersuchungen stützen die Bedeutung des Gebietes, sie zeigen auch, dass es keine räumlichen und zeitlichen Verteilungen des Vogelzugs gibt. Das Gebiete gilt zudem in seinem nördlichen Teil bereits durch die Siedlung Blumenrod vorbelastet.
Wird ein solches Natura 2000 Gebiet von Baumassnahmen betroffen, gelten daher besonders hohe Anforderungen. Gilt ein solches Gebiet durch die Baumassnahme als erheblich belastet, ist diese unzulässig, wobei keine Möglichkeit der Abwägung besteht.
Die Variante 1 trennt den nördlichen Teil des Vogelschutzgebietes komplett ab, was aus Sicht des Vogelschutzgebietes als erhebliche Belastung anzusehen ist. Als Hauptstörungsfaktor ist jedoch der Siedlungsdruck aus Blumenrod anzusehen, wobei die geplante Südtrasse der durch Abschneiden der Wegeverbindung hier eine Abschirmung des Vogelschutzgebietes erfolgen würde. Nur aufgrund dieser Abschirmungswirkung werden die Belastungen der Variante 1 als nicht wesentlich eingeschätzt.
Durch die geplante Umfahrung Holzheim ergeben sich weitere kummulative Effekte, die aber ebenfalls nicht als wesentlich angesehen werden.
Die vorgesehene Ausweitung der Siedlungsflächen durch die geplanten Neubaugebiete in Blumenrod wird das Vogelschutzgebiet jedoch erheblich belastet. Nur durch den Verzicht auf die Bebauung kann die Beeinträchtigung unter die Erheblichkeitsgrenze gedrückt werden. Zusätzlich ist für die Bewohner von Blumenrod ein Naherholungsgebiet zu schaffen. Beide Massnahmen sind zwingende Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Vorhabens.
Dieses Gutachten ermittelt zunächst die Nutzungen sowie die langfristigen Zielvorstellungen, die Raumstruktur sowie die Prognosen zur Raumentwicklung bis zum Jahr 2020 und ermittelt daraus die Wirkungsanalyse der geplanten Trassen.
Das Gutachten stellt fest, dass in den betroffenen Gebieten der siedlungskulturelle Bestand hauptsächlich aus Wohnbebauung besteht. Auf entsprechenden Veränderungskarten werden die belastenden und entlastenden Wirkungen dargestellt. In der Zusammenfassung lässt sich feststellen, dass die stärkere Entlastung der Kernstadt durch die Variante 2 (Alttrasse ohne Spange) durch eine stärkere Belastung der Holzheimer Strasse kompensiert wird.
Aus städtebaulicher Sicht stellt die Variante 1 (Südtrasse) dagegen die bessere Alternative dar, wobei bei der Variante 1a, die näher an dem Neubaugebiet Blumenrod liegt, eine erhebliche Beeinträchtigung der Wohngebiete neu auftreten wird. Der aus umweltfachlicher Sicht geforderte Verzicht auf die Wohngebietserweiterung stellt aus städtebaulicher Sicht jedoch ein Ausschlusskriterium dar.
Nach Abschluss der Präsentationen entspann sich eine lebhafte Diskussion zu verschiedenen Themenstellungen.
Die Variante 3 wurde von den Gutachten teilweise nicht berücksichtigt, da diese Variante aus umweltfachlicher Sicht "keine Chance" hat, da ihre Trassenführung mitten durch das Vogelschutzgebiet führt.
Die vom Vogelschutzgutachten hervorgehobene Barrierewirkung der Südtrasse zwischen der Siedlung Blumenrod und dem Vogelschutzgebiet, die als Voraussetzung für die Zulässigkeit der Variante 1 gilt, wird durch eine in den Planungen vorgesehene, für die Landwirtschaft notwendige Brücke über die Trasse relativiert. Der Umweltgutachter führte hierzu aus, dass dieser Brückenbau ein Kompromiss sei, da die rastenden Vögel das Gebiet aber hauptsächlich im Spätherbst und Frühjahr nutzen, könnte in dieser Zeit die Barrierewirkung durch Sperrung dieser Brücke erreicht werden. Würde eine solche Sperrung der Brücke nicht umsetzbar sein, wäre nach seinen Angaben die Variante 1 nicht umsetzbar.
Aus dem Publikum wurde die Frage gestellt, ob die menschliche Gesundheit einen ebenso hohen Schutzwert besitzt wie die anderen im Gutachten betrachteten Schutzgüter. Der Gutachter bestätigte, dass die Gesundheit im Vergleich mit anderen Schutzgütern sogar höhere Relevanz besitzt.
Es wurde gefragt, ob die zusätzliche Belastung durch Feinstaub und CO2, insbesondere bei der Variante 2 (Alttrasse), in den Gutachten berücksichtigt wurde. Es wurde klar gestellt, dass diese in der Umweltverträglichkeitsprüfung enthalten ist bzw. nachträglich eingearbeitet wird.
Die Verkehrsprognose aus dem Jahr 1997 sieht eine Entlastung der Diezer Strasse um nur 12% vor. Diese Prognose wurde, da nur mit einem Horizont bis 2010, nicht in dem neuen Gutachten berücksichtigt.
Im Gutachten wird von einem "Funktionsverlust" der Einrichtung der Lebenshilfe ausgegangen. Dazu wurde ausgeführt, dass aufgrund der verschärften Lärmgrenzwerte für diese Einrichtung, die als Krankenhaus eingestuft ist, eine so hohe Lärmbelastung entstehen wird, die auch nicht durch Lärmschutzmassnahmen geheilt werden kann. Eine mögliche Entschädigung für den Wertverlust der gesamten Anlage ist nicht in den geschätzten Baukosten enthalten, diese enthalten lediglich die absehbaren Entschädigungen für den Abriss der Tennishalle in der Eppenau. Auch weitere Entschädigungszahlungen oder bauliche Zusatzmassnahmen (z.B. Einhausung zum Lärmschutz) sind derzeit noch nicht in den Schätzungen enthalten.
Es wurde darauf hingewiesen, dass die geplanten Belastungen die Werte der anliegenden Grundstücke negativ beeinflussen werden. Bürgermeister Richard wies darauf hin, dass dies beim derzeitigen Planungsstand als reine Spekulation angesehen werden muss. Es wurde auch vorgebracht, dass die Anwohner des Neubaugebietes Blumenrod beim Kauf der Grundstücke nicht auf die geplanten Baumassnahmen hingewiesen wurden. Bürgermeister Richard wies dagegen darauf hin, dass die Planungen dieser Baumassnahmen seit 1995 bekannt waren.
Der Umweltgutachter musste auf Nachfrage bestätigen, dass die Auswirkungen auf das Grundwasser noch nicht ausreichend berücksichtigt wurde. Hier wird insbesondere befürchtet, dass sich durch die notwendigen Massnahmen zur Ableitung des Grundwassers aus der vertieften Fahrbahn der Südtrasse Auswirkungen auf die umliegenden Felder und Wohngebiete (z.B, Absenkung der Gebäude) ergeben können. Eine genauere Untersuchungen dieser Auswirkungen wird erst im Rahmen der Untersuchung der Vorzugsvariante durch Bohrungen erfolgen. Würde das Grundwasser den Bau der Variante 1 (Südtrasse) stark beeinträchtigen, so wäre dies ein "KO"-Kriterium für diese Trasse.